Matthias Defregger wurde am 18. Februar 1915 in München geboren. Er war ein Enkel des Tiroler Malers Franz von Defregger (1835-1921) und Sohn des Bildhauers Hans Defregger (1886–1956) mit dessen Ehefrau Laurence Conte. Matthias Defregger besuchte die Elisabeth-Volksschule in München, ehe er an das Jesuitenkolleg „Stella Matutina“ im österreichischen Feldkirch/Vorarlberg wechselte, wo er 1934 das Abitur ablegte. Anschließend begann er im Wintersemester 1934/35 mit dem Studium an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Freising, wurde allerdings bereits 1935 als Reserveoffiziers-Anwärter zur Wehrmacht eingezogen. Er verpflichtete sich freiwillig für ein drittes Dienstjahr und wurde Leutnant der Reserve, später sodann Berufsoffizier (zuletzt im Rang eines Majors). Nach Kriegsausbruch 1939 war er sowohl am Polen- als auch am Russlandfeldzug beteiligt. 1944 wurde er Kommandeur der zur 114. Jägerdivision gehörenden Nachrichtenabteilung, die zu diesem Zeitpunkt in Italien stationiert war. Am 7. Juni 1944 wurden zwei Soldaten der Nachrichtenabteilung in der Nähe von Filetto di Camarda am Gran Sasso von Partisanen getötet. Der Divisionskommandeur Generalleutnant Hans Boelsen ordnete daraufhin eine Vergeltungsaktion an und beauftragte Defregger mit der Ausführung des Befehls. Dieser ließ daraufhin alle 17 männlichen Einwohner des kleinen Ortes zwischen 17 und 69 Jahren erschießen, Frauen und Kinder vertreiben und den Ort in Brand stecken. Nach der Rückkehr aus dem Krieg setzte Defregger seine Studien in Freising fort und empfing am 29. Juni 1949 durch Erzbischof Michael Kardinal von Faulhaber im Freisinger Dom die Priesterweihe. Seine Primiz feierte er am 3. Juli 1949 in der Münchner Bürgersaalkirche, am 17. Juli sodann noch seine Nachprimiz in St. Ulrich in Pöcking am Starnberger See. Zum 1. August 1949 trat er seine erste Seelsorgestelle als Kaplan in St. Joachim in München-Obersendling an. In der Pfarreiseelsorge war Defregger allerdings nicht lange tätig, am 1. September 1953 berief ihn Kardinal Joseph Wendel zu seinem persönlichen Sekretär. In dieser Aufgabe war Defregger maßgeblich an der Vorbereitung des Eucharistischen Weltkongresses 1960 in München beteiligt. Auch nach dem überraschenden Tod Kardinal Wendels 1960 blieb Defregger zunächst Sekretär unter dem Nachfolger, Erzbischof Julius Kardinal Döpfner, ehe er am 11. Januar 1962 zum Domkapitular gewählt. Wenig später, am 1. Mai 1962, berief ihn Döpfner zu seinem Generalvikar, der die Geschicke der Erzdiözese in Zeiten rasanten Wachstums und längerer Abwesenheiten Döpfners während des Zweiten Vatikanischen Konzils mit verantwortete. Mit der Errichtung von Seelsorgsregionen 1968 wurde Defregger von Papst Paul VI. zum Weihbischof (und Titularbischof von Vicus Aterii) ernannt; die Bischofsweihe empfing er am 14. September 1968 gemeinsam mit Ernst Tewes im Münchner Dom. Sein bischöflicher Wahlspruch lautete: „Servus omnium“ – „Diener aller“. Döpfner bestellte ihn daraufhin als Bischofsvikar für die neu errichtete Region Süd, Nachfolger in seinem Amt als Generalvikar wurde Gerhard Gruber. Als Bischofsvikar hatte er die Aufgabe, Kontakt zu den Pfarrgemeinden und Seelsorgern seiner Region vor allem durch regelmäßige Visitationen und Gottesdienste (v.a. Firmungen, Kirchweihen) in den einzelnen Pfarreien zu halten. Fast zeitgleich zur Bischofsweihe wurde die Mitwirkung Defreggers an den Kriegsverbrechen 1944 öffentlich und Gegenstand von Gerichtsverfahren in Deutschland (1968-70) und in Italien (1972). Nachdem „Der Spiegel“ 1969 über die Einstellung des ersten Verfahrens wegen Verjährung als Totschlag berichtet hatte, wurde das Verfahren neu aufgenommen, doch erneut im August 1969 sowie endgültig im September 1970 mit der Begründung eingestellt, Defregger habe seinerzeit den „verbrecherischen Charakter“ der Erschießungen nicht erkennen können. Auch bei der Verhandlung in Italien wurde er freigesprochen, da er lediglich einen Befehl befolgt habe. Doch werden die Urteile heute in Zweifel gezogen, da nicht die Partisanen erschossen worden waren, sondern unbeteiligte Zivilisten. Nach heutiger Einschätzung hätte Defregger den Befehl ignorieren können, da kein Fall bekannt ist, bei dem Offiziere wegen Befehlsverweigerung in vergleichbaren Fällen Konsequenzen erleiden hätten müssen. Defregger selbst hat auch nach Kriegsende den Befehl weder juristisch noch moralisch in Frage gestellt oder Bedauern geäußert. Infolge der juristischen und öffentlichen Auseinandersetzung mit dem Massaker am Gran Sasso bat Defregger um Entpflichtung seiner Aufgabe als Bischofsvikar für die Region Süd. Er übernahm stattdessen zum 1. Oktober 1970 das Ordensreferat im Erzbischöflichen Ordinariat und war fortan Ansprechpartner aller Ordensgemeinschaften in der Erzdiözese, die der bischöflichen Jurisdiktion unterstehen. Die Aufgabe übte er bis 1986 aus. Während einer Wallfahrt in München wurde Defregger vor der Kirche Maria Ramersdorf am 15. August 1981 bei einem Attentat, das im Zusammenhang mit der gerichtlichen Aufarbeitung stand, mit einer Zyankali-Lösung verletzt. Mit Erreichen des 75. Lebensjahres bat Defregger am 6. April 1990 um Entpflichtung von seinen noch bestehenden Aufgaben als Domkapitular, sein letzter öffentlicher Gottesdienst war der Gedenkgottesdienst am 24. Dezember 1994 für die Toten der Sendlinger Mordweihnacht von 1705 in Waakirchen. Defregger wohnte bis zu seinem Tod am 23. Juli 1995 in Pöcking am Starnberger See. Auf seinen eigenen Wunsch hin ist er in Amlach in Osttirol, Österreich, unweit von Lienz im Pustertal, beigesetzt worden. In Pöcking wurde 1997 der Weihbischof-Defregger-Weg nach ihm benannt. Aufgrund seiner Beteiligung an den Kriegsverbrechen entstand ca. 2020 eine Diskussion um die Rolle Defreggers, die 2023 in eine Umbenennung des Wegs mündete. |
1. Allgemeine Informationen Bearbeiter: ArchivInForm GmbH, Potsdam Bearbeitungszeitraum: Dezember 2021-Februar 2022 Umfang: 98 VE Zitierweise: Für die Wiederauffindbarkeit des Archivales sind lediglich das Archivkürzel und die vollständige Signatur der Verzeichniseinheit nötig, z. B.: AEM, [Signatur]. Wird eine entsprechende Zitierweise bevorzugt, kann nach dem Archivkürzel der Name des Bestandes eingefügt werden. Im Anschluss daran ist auch hier die vollständige Signatur des Archivales anzugeben, z. B. AEM, NL Defregger, [Signatur].
2. Erschließungsarbeit Die Aktenordner waren bei Übernahme inhaltlich in Gruppen zusammengefasst (offensichtlich durch Defregger selbst bzw. seinen Sekretär), die die heutige Bestandsklassifikation aufgreift. Bei der Erschließung im Jahr 2021/22 wurde die Ordnung beibehalten, es wurde nur eine fortlaufende Signatur vergeben. Die Altsignatur stammt noch von der Vorordnung im Jahr 2014. Die Titel wurden ebenfalls anhand der bestehenden Beschriftungen der Aktenordner gebildet und nur wo nötig konkretisiert und um Enthält- und Darin-Vermerk ergänzt. Ebenso wurde jeweils die Laufzeit ermittelt. Der Zugang zu den einzelnen Archivalien erfolgt gemäß den Schutzfristbestimmungen gem. der Kirchlichen Archivordnung und kann im Einzelfall noch Beschränkungen unterliegen. |